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Bundesregierung fordert zum Maßhalten auf!!

Das Parlament geht jedoch leider nicht mit gutem Beispiel voran

Wir leben in schweren Zeiten, wer wollte es bestreiten. Die Pandemie, der Ãœberfall Russlands auf die Ukraine, die Inflation und die Kostenexplosion bei der Energie sind hohe Belastungen.

Für viele Bürgerinnen und Bürger wird Armut wieder zur bitteren Realität, weil sie finanziell längst an Grenzen stoßen. Da sollte man meinen, dass die Politiker vorrangig sich selbst in die Pflicht nehmen, wenn es darum geht, den Gürtel enger zu schnallen. Dem ist jedoch leider nicht so!

Bereits vor der letzten Bundestagswahl war absehbar, dass sich das Parlament extrem aufblähen könnte. Trotzdem konnten sich die Parteien auf keine vernünftige Reform einigen. Man dokterte etwas an den Symptomen herum. Jede politische Richtung hatte Argumente parat, warum zu ihren Lasten nicht gespart werden kann. Folglich leisten wir uns als 83-Millionen-Volk ein Parlament mit 736 Abgeordneten, während das amerikanische Repräsentantenhaus mit 435 Abgeordneten auskommt und das bei 320 Millionen Einwohnern.

Von Wahl zu Wahl erhöht sich die Zahl der Abgeordneten

Der Bundestag ist zwischenzeitlich derart aufgebläht, dass Experten bereits dessen Handlungs- und Arbeitsfähigkeit beeinträchtigt sehen. Im Jahre 2002 war der Bundestag mit 603 Abgeordneten schon recht groß. Jetzt sind noch einmal 133 Abgeordnete hinzugekommen. Jedem Volksvertreter stehen für sich und seine Mitarbeiter 54 qm Bürofläche zur Verfügung. Das bedeutet, dass für diesen Personenkreis rund 10.000 qm Bürofläche auf Kosten des Steuerzahlers gebaut werden musste.

Die Kosten laufen aus dem Ruder

Und weil wir gerade bei den Kosten sind, wollen wir die Aufwendungen für einen Abgeordneten einmal überschlagen. Seit dem 1. Juli 2022 haben sich die Diäten auf monatlich 10.323,29 Euro erhöht. Hinzu kommt eine steuerfreie Pauschale in Höhe von 4.583,39 Euro zur freien Verfügung. Hiermit kann der Abgeordnete ein Wahlkreisbüro oder eine Zweitwohnung finanzieren, er muss es aber nicht.

Für Kleingeräte wie Laptops, Smartphones oder Kaffeemaschinen stehen jedem Abgeordneten jährlich 12.000 Euro zur Verfügung. Den größten Posten machen die Mitarbeiter der Abgeordneten aus. Hierfür darf jeder Abgeordnete monatlich 23.205 Euro aufwenden. Monatlich summieren sich die Kosten für jeden Bundestagsabgeordneten damit auf 39.111,68 Euro. Nicht berücksichtigt sind Reisekosten, die Inanspruchnahme der Fahrbereitschaft, die Altersversorgung und die Aufwendungen für den Krankheitsfall.

Die Bundestagsabgeordneten kosten mehr als der NRW-Strafvollzug

Die jährlichen Aufwendungen für alle Parlamentarier summieren sich mittlerweile auf mehr als 1 Milliarde Euro. Die Abgeordneten sind damit deutlich teurer als der gesamte Strafvollzug in Nordrhein-Westfalen. Und das alles nur, weil sich das Parlament seit Jahren in eigener Sache als überaus entscheidungsschwach erwiesen hat. Vermutlich nach dem Motto: „Der Steuerzahler wird’s schon richten“!

Dabei haben die Bürgerinnen und Bürger kaum noch Verständnis für dieses hinhaltende Agieren der Politik. Während beim öffentlichen Dienst in den letzten Jahrzehnten kräftig bis zur teilweisen Funktionsuntüchtigkeit gespart wurde, hat sich das Parlament von Legislaturperiode zu Legislaturperiode immer weiter vergrößert. Dabei hat sich ja die Arbeitsbelastung für den einzelnen Abgeordneten nicht signifikant erhöht. Die Bürger erwarten immer noch dasselbe: Gut und effizient regiert zu werden! An einem Wettbewerb, wer hat die größte Regelungsdichte bewirkt, haben die Bürger hingegen keinerlei Interesse.

Betrachtet man allein die Kosten für Mitarbeiter, dann stellt man fest, dass diese Aufwendungen seit 2005 um satte 170 Prozent angestiegen sind. Und wenn man Insidern Glauben schenken darf, dann haben diese Kosten keinerlei positive Wirkung auf die parlamentarische Arbeit gehabt, eher schon gab es einen gegenteiligen Effekt.

Die Politik fordert zum Maßhalten auf

Die Politik hat hier noch Hausaufgaben zu erledigen und es wäre schön, wenn sie einmal mit gutem Beispiel vorangehen würde. Bislang hört man vom Wirtschaftsminister Habeck (Grüne) nur die Forderung nach persönlichen Einsparungen beim Gas. Gleichzeitig wird die Laufzeitverlängerung von Kernkraftwerken wohl aus ideologischen Gründen abgelehnt, obwohl doch die Umstellung der Gebäudeheizungen auf Wärmepumpen und die Verkehrswende zusätzlichen Strom erfordert. Riskieren wir einfach mal noch eine Stromkrise?

Bundeskanzler Scholz (SPD) holt die „Konzertierte Aktion“ aus der politischen Mottenkiste. Arbeitgebern und Gewerkschaften wurde unverhohlen vermittelt, eine Lohn-Preis-Spirale möglichst zu vermeiden. Das ist zwar ein löbliches Anliegen, doch haben Arbeitnehmer kaum Spielraum, Zugeständnisse zu machen. Sie benötigen einen definitiven Ausgleich für die Inflation, die auf Normalverdiener eine geradezu toxische Wirkung hat. Dies gilt natürlich auch für die Tarifrunde im öffentlichen Dienst. Auch wir haben rein gar nichts zu verschenken.

Die finanziellen Herausforderungen verlangen nach einem Lastenausgleich

Aus Gewerkschaftssicht ist es an der Zeit, dass die Politik über einen Lastenausgleich nachdenkt, der die Vermögenden unserer Gesellschaft in den Blick nimmt, damit diese Personengruppe die hohen Finanzierungsbedarfe vorrangig stemmt. Und unseren Parlamentariern darf man wünschen, dass sie tatsächlich die Kraft aufzubringen, eine Wahlrechtsreform auf den Weg zu bringen, die die Zahl der Abgeordneten definitiv auf 500 bis 600 Mandate begrenzt. Gelingt eine solche Reform nicht, werden die Zweifel wachsen, ob das Parlament auch in eigener Sache restriktive Entscheidungen zu treffen vermag. Noch ist die Legislaturperiode jung, doch die Zeit läuft.

Friedhelm Sanker

Bild:katatonia - stock.adobe.com