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Die Regierung sollte sehr darauf achten, dass nicht breite Schichten der Bevölkerung in die Armut abrutschen.

Wohlstandsverluste sind wohl unvermeidlich!

Die Politik hat bereits darauf hingewiesen, dass alle Bürgerinnen und Bürger einen Teil des Wohlstandes, an den wir uns gewöhnt hatten, einbüßen werden. Allzu laut wird diese Tatsache allerdings nicht postuliert, um nicht den Widerstand der Betroffenen auszulösen.

Deshalb verzichtet die Ampelregierung wohl auch darauf, die Ursachen und deren Verursacher sowie die jetzt erforderlichen politischen Maßnahmen definitiv zu benennen. Die Bürger sollen offensichtlich bewusst im Ungewissen gelassen werden. Die Menschen sind deshalb überaus verunsichert, was an Inflation und Kostensteigerungen - besonders bei der Energie - auf sie zukommen wird. Immerhin hat die Inflation bereits die Marke von 10 Prozent erreicht. Und so langsam verlieren die Bürger den Glauben daran, die Regierung handele faktenbasiert, schnell und effizient und sei bemüht, den Bürger nachhaltig davor zu bewahren, in die Armut abzurutschen.

Zwar werden Hilfspakete geschnürt und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat für die Ärmsten der Armen das Bürgergeld auf den Weg gebracht. Doch angesichts des Ausmaßes der Krisen, sind diese Einzelmaßnahmen vielleicht etwas mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein, aber mehr eben auch nicht. Bei all den bislang getroffenen und ergriffenen Maßnahmen drängt sich der Eindruck auf, als gehe hier eine „gute Fee“ mit einer Geldgießkanne übers Land.

Es mangelt der Regierung an einer Strategie zur Krisenbewältigung

Jede der drei Regierungsparteien achtet mit Argusaugen darauf, dass ihre jeweilige Klientel etwas vom „Verteilungskuchen“ abbekommt. Ob die Unterstützungen und Förderprogramme im Einzelfall zielgenau sind und jene unterstützen, die dringend der Hilfe bedürfen, scheint ein nachrangiger Aspekt zu sein. Was für den Bürger jedoch völlig im Unklaren bleibt, ist der Umstand, ob die Regierung eine Strategie verfolgt, und wenn ja, welche? Für Außenstehende wirkt die Arbeit der Bundesregierung so, als verfahre sie nach dem Prinzip „Versuch und Irrtum“ und doktere lediglich an den Symptomen der sich überlagernden Krisen herum.

Es scheint auch so zu sein, dass Maßnahmen einzelner Ministerien vorschnell in die Öffentlichkeit gelangen, wohl um die Koalitionspartner durch öffentlichen Druck zur Zustimmung zu drängen. Zwangsläufig muss oft nachgebessert werden, was erheblich zur Verunsicherung der Bürger beiträgt. Der Steuerzahler erwartet von der Regierung, dass sie Lösungen für komplexe Probleme entwickelt, die Maßnahmen intern abstimmt und dann entschlossen zum Wohle der Menschen handelt, für die sie Verantwortung trägt. Anerkennenswert ist, das sich die Ampel jetzt zu einem 200-Milliarden-Paket zur Deckelung der Strom- und Gaspreise durchgerungen hat. Wir wollen in unser aller Interesse hoffen. Das es ausreicht.

Effektive Zusammenarbeit ist in der Koalition wenig ausgeprägt

Dieser Erwartung wird die Regierung leider nur unzureichend gerecht. Selbstverständlich ist die Bundesregierung nicht für alle Krisen verantwortlich, die über uns hereingebrochen sind. Sie hat allerdings die verdammte Pflicht, die Bürgerinnen und Bürger vor den Auswirkungen dieser Krisen so gut wie möglich zu schützen. Immerhin hat die Bundesrepublik während der Corona-Pandemie viel Geld in die Hand genommen, um die Insolvenz von Firmen und den Verlust von Arbeitsplätzen zu vermeiden.

Zu allem Überfluss brach Putin dann noch im Februar 2022 einen Angriffskrieg gegen die Ukraine vom Zaun, der Sanktionen der westlichen Staatengemeinschaft zur Folge hatte. Sanktionen treffen aber nicht nur den Aggressor, sondern auch diejenigen, die sie verhängen. Der Bundesregierung war folglich bekannt, dass erhebliche Kosten auf Deutschland mit seiner Gas- und Ressourcenabhängigkeit von Russland zukommen würden.

Man hätte von allen Regierungsparteien erwarten dürfen, dass sie unter Zurückstellung ideologischer Überzeugungen alle Optionen nutzen würden, um so viel Energie wie irgend möglich zu beschaffen. Deutschland ist immerhin die viertgrößte Industrienation der Welt und auf günstige Energiequellen zwingend angewiesen. Zudem wäre eine tragfähige Strategie notwendig gewesen, die absehbaren Kostenexplosionen für die Bürger sinnvoll abzufedern.

Die Führungsfiguren der Koalitionspartner neigen zur Profilierung

Da ist zunächst Christian Lindner von der FDP, der für 2023 auf die Einhaltung der Schuldenbremse pocht und der damit seine Koalitionspartner nervt. Olaf Scholz (SPD) pflegt als Bundeskanzler seine Rolle als Bedenkenträger bei der Unterstützung der Ukraine im Kampf gegen Russland. Geliefert wird immer nur das, zu dem die Regierung durch Verbündete, Opposition und öffentlichen Druck genötigt wird. Nachdem die Ukraine militärische Erfolge feiert und Russland mit der Teilmobilisierung von Reservisten einräumt, militärisch auf die Verliererstraße geraten zu sein, wäre eine offensivere Unterstützung der Ukraine sicher wünschenswert und angezeigt.

Und dann ist da noch Robert Habeck von den Grünen. Er hatte geglaubt, als Wirtsschafts- und Klimaminister den Kampf gegen den Klimawandel offensiv führen zu können, um Deutschland als Spitze einer Peergroup von Staaten gegen die CO²-Emissionen zu etablieren. Stattdessen muss er jetzt Energie beschaffen und die Bürger durch den Winter bringen, ohne dass die Wohnzimmer kalt bleiben und ohne dass ein Blackout das öffentliche Leben zum Erliegen bringt.

Die Aufgabenstellung für den grünen Minister hat sich grundlegend verändert. Nicht mehr der Klimawandel hat Priorität, sondern die Versorgungssicherheit einer Industrienation, die auf günstige Energie und Planungssicherheit angewiesen ist. Man sollte meinen, dass in einer solch prekären Situation alle Möglichkeiten der Energiegewinnung und des Energieeinkaufs genutzt werden sollten. Leider stehen die grüne Ideologie und der Gründungsmythos der Partei diesem Ziel im Wege. Viele der alternden Hardliner sehen faktisch ihr Lebenswerk, den Ausstieg aus Kohle und Kernenergie, in Gefahr, sobald nur das Wort Atomstrom fällt.

Sparaufrufe an die Bürger lösen die Probleme nicht

Wenn die Bürger mit dem Hinweis: „Jede Kilowattstunde zählt!“, zum Energiesparen aufgefordert werden, dann ist es kontraproduktiv und nicht nachzuvollziehen, wenn zugleich Atomkraftwerke vom Netz genommen werden, um sie mit voller Belegschaft in Reserve zu nehmen, damit im Notfall ein drohender Blackout verhindert werden kann. Bei hohen Kosten auf die Stromerzeugung zu verzichten, obwohl der Weiterbetrieb der Reaktoren unproblematisch möglich wäre, das verstehe wer will. Aber schon der verstorbene italienische Schriftsteller Carlo Franchi wusste, dass Ideologen scharfe Denker sind, die sich auch durch Tatsachen nicht beirren lassen.

Und dann erst die Gasumlage, die auf Kosten der bereits arg gebeutelten Gaskunden zunächst auch solchen Unternehmen zugutekommen sollte, die in der jetzigen Situation unverschämt hohe Gewinne erzielen.

Gasumlage wird zu Habecks Waterloo

Da musste sich Habeck durch seine Koalitionspartner zurückpfeifen lassen. Ein solch kollusives Zusammenwirken mit den Gasimporteuren zum Nachteil der Steuerzahler schlug dem Fass den sprichwörtlichen Boden aus. Sparaufrufe, die Bürger sollten doch tunlichst Energie sparen, lösen die Probleme nicht. Jetzt ist politisches Handeln und solides Handwerk gefragt.

Obwohl die Gasumlage ab dem 1. Oktober erhoben werden sollte, will von den politisch Handelnden niemand mehr etwas mit der Zulage zu tun haben.

Vielfach breitet sich jetzt klammheimliche Freude aus, dass der stimmungsmäßige Höhenflug des Wirtschaftsministers Habeck ein jähes Ende gefunden hat. Und dann ist da noch die zögerliche Nutzung eigener Energieträger. Bei der Atomkraft tun sich die Grünen sehr schwer und orientieren sich wohl auch an aktuellen Wahlterminen. In Niedersachsen wird im Oktober ein neuer Landtag gewählt. Als man sich durchrang, Atomkraftwerke über den Stilllegungszeitpunkt hinaus in Bereitschaft zu halten, wurde ausgerechnet beim neuesten Kraftwerk, dem Meiler in Lingen an der Ems, eine Ausnahme gemacht. Dieser Reaktor soll wohl aus Rücksicht auf grüne Befindlichkeiten am 31. Dezember 2022 planmäßig vom Netz genommen werden.

Fossile Energieträger werden nur zögerlich genutzt

Auch bei der Nutzung von Stein- und Braunkohle sowie Erdöl agiert die Bundesregierung sehr zögerlich. Diese Energieträger werden erst nachrangig zur Stromerzeugung genutzt. Dabei könnte von einem größeren Stromangebot, ein Sinken der aktuellen Preise erwartet werden. Lieber setzt man auf teures Gas, das damit auch den Strompreis in nicht mehr bezahlbare Höhen treibt.

Der Strompreis wird aktuell nach dem Merit-Order-Prinzip ermittelt. Danach bestimmt der Stromerzeuger mit den höchsten Erzeugerkosten den Preis, den der Endverbraucher zu zahlen hat. Weil momentan die Erzeugung von Strom aus Erdgas die teuerste Alternative ist, werden die Gas- und Stromkunden doppelt geschröpft.

Alle Stromerzeuger, die fossile Energieträger verwenden oder auf erneuerbare Energien setzen, verdienen sich auf Kosten der Endverbraucher gerade eine „goldene Nase“. Nur ein kleiner Teil des benötigten Stroms wird aus Erdgas gewonnen. Doch dieser kleine, aber teure Teil sorgt dafür, dass die Stromkosten ins Astronomische anwachsen.

Die Bundesregierung hat die Entwicklung bislang einfach tatenlos laufengelassen. Dabei hätte man sich auf europäischer Ebene früh verständigen können. Wäre dies nicht gelungen, hätte man auch national handeln und ein anderes, nur an den Erzeugerkosten orientiertes Preisermittlungsverfahren einführen können.

Die Bevölkerung wird durch immer neue Hiobsbotschaften zutiefst verunsichert

Die Bundesregierung hat sich entschieden, für die Auffüllung der deutschen Erdgasspeicher praktischen jeden Preis zu bezahlen. Die Speicher sind jetzt zu über neunzig Prozent gefüllt, das ist die gute Nachricht. Die Kosten sind allerdings explodiert. Die Weitergabe der Beschaffungskosten an die Endverbraucher würde viele Bürgerinnen und Bürger faktisch in den finanziellen Ruin treiben.

Die Bundesregierung geht folglich den Weg, die finanziellen Risiken durch Entlastungspakete abzufedern. Abgesehen davon, dass diese Entlastungen nicht exakt jene erreichen, die der Hilfe dringend bedürfen, sind sie auch mit beträchtlichem administrativen Aufwand verbunden. Zudem werden die Betroffenen durch die wochenlangen Diskussionen nachhaltig verunsichert, weil sie nicht wissen, was letztlich auf sie zukommt. Eine solche Verunsicherung können wir uns aber nicht leisten, weil zum Durchstehen der gegenwärtigen Krisenlagen gesellschaftlicher Zusammenhalt zwingend benötigt wird. Zwar hat man sich zu einem Strom- und Gaskostendeckel durchgerungen, doch niemand weiß, wie er konkret aussehen soll.

Als Industrienation benötigen wir eine dauerhafte, verlässliche und wettbewerbsfähige Energieversorgung

Gefragt sind jetzt nicht nur kurzfristige Maßnahmen. Die Beseitigung der Abhängigkeit vom russischem Gas nach Putins Überfall auf die Ukraine verlangt nach einer Regelung, mit der wir den Übergang zu CO²-neutralen Energieträgern gestalten können, ohne unsere Wettbewerbsfähigkeit vollständig zu ruinieren.

Der Koalitionsvertrag, den SPD, Grüne und FDP geschlossen haben, ist auf einer völlig anderen Grundlage vereinbart worden. Die Koalitionäre wären folglich gut beraten, sich auf der Basis der neuen Faktenlage auf eine Strategie zu verständigen, die das Bombardement der Öffentlichkeit mit immer neuen, unabgestimmten Ideen schnell beendet.

Zunächst müsste der Bund ideologiefrei auflisten, welche Energieträger zu welchen Preisen genutzt werden können. Dabei gehört auch der Weiterbetrieb der letzten drei Atomkraftwerke und die Wiederinbetriebnahme der im letzten Jahr vom Netz genommenen Meiler mit auf den Prüfstand.

In der Nordsee und in Norddeutschland lagern Gasvorkommen, die den deutschen Bedarf auf Jahrzehnte decken könnten, die aber nur mit dem in Deutschland verbotenen Fracking-Verfahren gefördert werden können. Nachdem auch das Fracking zwischenzeitlich umweltschonender geworden ist, muss in der aktuellen Situation auch diese Alternative erwogen werden. Immerhin fördern die Niederlande und Belgien entsprechendes Gas, das sie uns jetzt zu horrenden Preisen verkaufen.

Deutschland ist auf eine bezahlbare Energieversorgung angewiesen. Können wir die nicht gewährleisten, werden viele Produktionsbetriebe ins Ausland abwandern. Das wird viele Arbeitsplätze kosten, die endgültig verloren sein werden, weil abgewanderte Betriebe kaum zurückkehren.

Die Grünen verweigern sich noch immer der Realität

Die Grünen, denen der Ausstieg aus Kohle und Kernkraft großen Zuspruch bescherte, halten unbeirrt an ihren Maximalpositionen fest, obwohl auch ihnen klar sein dürfte, dass bei der Energieversorgung für eine Übergangszeit auf Alternativen zurückgegriffen werden muss.

Realität ist, dass die Bürgerinnen und Bürger von den Stromanbietern teilweise mit der Verfünffachung des Strompreises traktiert und in Angst und Schrecken versetzt werden. Realität ist auch, dass die deutsche Industrie bei den gegenwärtigen Energiepreisen nicht wettbewerbsfähig ist.

Dies schwant auch vielen Grünen, die ihren großen politischen Erfolgen nachtrauern, Entscheidungen aber mindestens bis nach der Niedersachsen-Wahl hinauszögern wollen. Im Interesse der Bevölkerung sollten die Grünen das Stadium der politischen Stagnation möglichst schnell überwinden, um zukunftsfähige Entscheidungen zu ermöglichen.

Wer trägt die Kosten der Krisen?

Die Corona-Pandemie, Putins-Überfall auf die Ukraine, der Flüchtlingszustrom, der Neuaufbau der Bundeswehr, der Klimawandel, die Wirtschaftssanktionen gegen Russland und nicht zuletzt die extreme Inflation plagen die Bürger. Die Menschen, aber auch die öffentlichen Haushalte werden in bislang nicht gekannter Weise belastet. Da Steuern und Abgaben sich derzeit bereits auf Höchstständen befinden, muss die Frage gestellt werden, wer die Kosten tragen soll.

Aus Gewerkschaftssicht ist ganz klar, dass jetzt die „breiten Schultern“ gefordert sind, dem Land, das ihnen ihren Reichtum ermöglicht hat, etwas zurückzugeben. Deshalb bietet sich als Lösung eine Substanzbesteuerung für Mega-Reiche an.

Weil sich die Schere zwischen Arm und Reich in den zurückliegenden Jahrzehnten immer weiter geöffnet hat und vom wirtschaftlichen Aufschwung vorrangig die oberen zehn Prozent der Gesellschaft profitiert haben, wäre es psychologisch sinnvoll und dem Zusammenhalt der Gesellschaft äußerst zuträglich, die Vermögen dieser Personengruppe verstärkt zur Finanzierung heranzuziehen.

Das deutsche Geldvermögen hat aktuell einen neuen Höchststand von 7.400 Milliarden Euro erreicht. Der Finanzbedarf für die aktuellen Herausforderungen wird nach vorsichtigen Schätzungen auf 2.000 Milliarden Euro taxiert. Das ist ein Bereich, den sich die reichsten Deutschen durchaus leisten könnten, ohne dass sie eine spürbare Beeinträchtigung ihres Lebensstandards befürchten müssten.

Die Frage nach einem solchen Lastenausgleich sollte durch die Politik nicht mit einem Tabu belegt werden. Die Bundesregierung ist gut beraten, solche Finanzierungswege zu suchen und zu beschreiten, die Menschen schützen, die ohne politische Stützungsmaßnahmen vor dem finanziellen Ruin stünden. Auf diese Weise wird eine weitere Spaltung der Gesellschaft vermieden und vor allem unsere Demokratie geschützt.

Besonders im deutschen Osten gehen die Menschen bereits auf die Straße, weil sie Angst davor haben, ihren bescheidenen Wohlstand zu verlieren, den sie sich in den zurückliegenden dreißig Jahren aufgebaut haben. Die Politik sollte eine vernünftige Verteilung der Kosten vornehmen und die untere Hälfte der Gesellschaft entlasten, weil die sonst finanziell überfordert würde.

Friedhelm Sanker

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