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Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) plant die Schließung kleinerer Vollzugseinrichtungen.

Belegung der nordrhein-westfälischen Vollzugseinrichtungen überaus angespannt

Im Januar 2015 ist das Landesstrafvollzugsgesetz in Kraft getreten. Seither haben auch die Inhaftierten des Erwachsenenvollzuges einen gesetzlich verbrieften Anspruch auf Unterbringung in einem Einzelhaftraum. Bislang kann dieser Anspruch in Ermangelung dafür erforderlicher Räume noch nicht vollständig umgesetzt werden. Angesichts dieser Situation zeigte sich der BSBD sehr überrascht, dass Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) wegen des Rückgangs der Durchschnittsbelegung gegenüber der Presse erklärt hat, nunmehr mehrere kleinere Zweiganstalten schließen zu wollen. BSBD-Chef Peter Brock warnte nachdrücklich davor, ohne Not Haftraumkapazitäten aufzugeben, ohne die gesetzlichen Mindestanforderungen für die Unterbringung von Inhaftierten garantieren zu können.

Im abgelaufenen Jahr ist die Belegung tatsächlich auf durchschnittlich 15.755 Inhaftierte zurückgegangen. Dies ist aber nicht die Zahl, für die Vollzugseinrichtungen ausgelegt sein müssen. Die benötigte Haftraumkapazität hat sich eher an den Belegungsspitzen als am Durchschnittswert zu orientieren. Für eine reduzierte Durchschnittsbelegung sorgt allein schon die jährliche „Weihnachtsamnestie“, deshalb wird während der überwiegenden Zeit des Jahres eine höhere Haftplatzkapazität benötigt.

Von den 18.579 Haftplätzen des Landes sind gegenwärtig 845 wegen baulicher Sanierungen nicht belegbar. Deshalb kommen auf rd. 11.000 Gefangene, die einen Anspruch auf Einzelunterbringung im geschlossenen Erwachsenvollzug haben, lediglich rd. 9.900 verfügbare Hafträume. Die fehlenden 1.100 Hafträume werden dadurch verschleiert, dass die gesetzlich vorgeschriebene Einzelunterbringung nicht in der erforderlichen Weise umgesetzt wird. Oder hat es die rot-grüne Landesregierung mit der Einzelunterbringung gar nicht so ernst gemeint?

Justizminister kündigt Kapazitätsabbau an

Landesjustizminister Thomas Kutschaty (SPD) verbreitet gegenüber den Medien Zweckoptimismus, spricht von einem generellen Rückgang der Kriminalität, bemüht zudem demografische Gründe und sieht in der Präventionspolitik des Landes ein Erfolgsmodell für rückläufige Gefangenenzahlen. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass er einfach dem Finanzminister in der Pflicht steht, beim Strafvollzug erneut sparen zu müssen, um einen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung zu leisten.

Die rückläufigen Zahlen der Kriminalstatistik sind derart gering, dass sie sich kaum signifikant auf die Belegung der Vollzugseinrichtungen auswirken dürften. Die Bundesregierung ist dabei, neue Straftatbestände für terroristische Gewalttäter, Hooligans und Rückkehrer aus dem Dschihad zu schaffen. Deshalb ist eher mit steigenden Gefangenenzahlen zu rechnen. Zudem will die Politik dem demografischen Wandel durch massive Zuwanderung begegnen, so dass sich denklogisch die Gefangenenzahlen aus diesem Grund nicht verringern dürften.

BSBD warnt vor Verringerung der Haftplätze

Wenn jetzt Haftraumkapazitäten geschleift werden sollen, dann sind nach Einschätzung des BSBD die Risiken größer als die Chancen. Dem Vernehmen nach sollen in einigen Vollzugseinrichtungen Asbestbelastungen festgestellt worden sein, die erhebliche Sanierungsbedarfe auslösen werden. Daneben ist es zunächst geboten, die vorhandenen Inhaftierten gesetzeskonform unterzubringen. Und dann werden auch noch Kapazitäten für Belegungsspitzen benötigt, um auch in Zeiten steigender Gefangenenzahlen eine menschenwürdige Unterbringung unausgesetzt sicherstellen zu können.

BSBD-Chef Peter Brock stellte gegenüber Medienvertretern klar, dass der Kapazitätsabbau im gegenwärtigen Zeitpunkt eine kurzsichtige politische Entscheidung wäre. „Noch zeichnet sich keine stabile Entwicklung der Gefangenenzahlen ab. In der Vergangenheit haben wir lernen müssen, dass sich die Belegungszahlen sicheren statistischen Prognosen entziehen. Dann musste mit beträchtlichem finanziellem Mittelaufwand Haftplatzkapazität geschaffen werden, die zuvor abgebaut worden war. Eine solch lebensfremde Entscheidung sollte der Justizminister den Bürgern dieses Landes nicht zumuten.“

Strafvollzugsbedienstete nicht überfordern

Der Landesverband der Strafvollzugsbediensteten (BSBD) warnt allerdings auch davor, die Bediensteten des Strafvollzuges zu überfordern. Bereits derzeit, so der Landesvorsitzende Peter Brock, arbeiteten die Kolleginnen und Kollegen an ihrer Leistungsgrenze. Haftraumkapazitäten ohne Not zu verknappen und die verbleibenden Einrichtungen zu überlasten, hätte weitreichende Konsequenzen für die Leistungsbereitschaft der Bediensteten und die Qualität des Vollzuges. „Der Minister wäre gut beraten, wenn er sich die Zahlen der künftig benötigten Hafträume noch einmal genau anschauen würde. Ein neuer Erkenntnisgewinn wäre in diesem Fall sehr wahrscheinlich“, plädierte Brock für eine gründliche Sachprüfung.

Mit dem neuen Landesstrafvollzugsgesetz ergeben sich außerordentliche Personalbindungen. Ursprünglich sollten dem Vollzug aus diesem Anlass zusätzliche Personalstellen zur Verfügung gestellt werden. Leider hat sich Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) in diesem Punkt augenscheinlich nicht gegenüber dem Finanzminister durchsetzen können. Es ist zu vermuten, dass die Ankündigung des Kapazitätsabbaus bei den Hafträumen auch dadurch motiviert sein könnte, diesen an sich anerkannten Personalbedarf zu befriedigen, indem kleinere Einrichtungen geschlossen werden. Hiervor warnt der BSBD ausdrücklich. Ein effektiver Strafvollzug, der gelungene Wiedereingliederungen bewirken soll, kann nur gelingen, wenn neben einer menschenwürdigen Unterbringung der Inhaftierten eine aufgabenangemessene Personalausstattung sichergestellt werden kann. Sachwidriges Sparen in diesem Bereich ginge zwangsläufig zu Lasten der Sicherheit der Bürger in Nordrhein-Westfalen.