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Zweite Runde im Tarifstreit endet ohne Angebot und ohne Ergebnis

Wenn es eine Steigerung von Verweigerung gibt, dann ist es dem Hamburger Finanzsenator Dr. Andreas Dressel (SPD) als Verhandlungsführer der Arbeitgeberseite gelungen, dieses Kunststück gestern in Potsdam zu demonstrieren. Den meisten Zeitgenossen erschließt sich, ohne intellektuell überfordert zu werden, dass die Gewerkschaften unter keinen Umständen unterhalb des für Bund und Kommunen im Frühjahr gefundenen Ergebnisses abschließen können

Nur die Arbeitgeberseite teilt diese Einschätzung offenbar nicht. Anders ist nicht zu verstehen, dass konstruktive Verhandlungen gar nicht erst begonnen wurden.

Die Arbeitgeber sind offenbar der Auffassung, dass der Zeitdruck der letzten Verhandlungsrunde im Dezember 2023 das Blatt zu ihren Gunsten wenden wird. Wenn sie sich da mal nicht täuschen. DBB-Chef Ulrich Silberbach kritisierte, dass die Arbeitgeber fast nur in der Kategorie Probleme denken und es vermeiden, über Lösungen im Tarifkonflikt zu sprechen.

Arbeitgeber verhandeln destruktiv

Gesprochen wurde viel, substanzielle Fortschritte wurden jedoch nicht erzielt. Die Arbeitgeberseite ist der Auffassung, dass sie kurz vor dem Weihnachtsfest gute Chancen hat, ihre Positionen durchsetzen zu können. Sie akzeptieren daher den Abschluss für Bund und Kommunen als Orientierungsrahmen, wollen aber deutlich unter diesem Abschluss blieben, weil die Kassen der Länder bereits arg strapaziert seien.

Zur Erinnerung: Für die Beschäftigten von Bund und Kommunen waren im Frühjahr 2023 u.a. steuer- und abgabenfreie Sonderzahlungen als Inflationsausgleich von insgesamt 3.000 Euro, ein Sockelbetrag von 200 Euro sowie die anschließende Anhebung der Gehälter um 5,5 Prozent vereinbart worden.

Seit dem letzten Tarifabschluss hat die exorbitant gestiegene Inflation dafür gesorgt, dass die Kolleginnen und Kollegen mit einem Kaufkraftverlust in Höhe von rd. 14 Prozent fertig werden müssen. Diese Belastungen sind getragen worden, doch jetzt müssen sie finanziell ausgeglichen werden. Wir haben deshalb nichts zu verschenken.

Dass die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) weder ein Angebot vorlegte noch bereit war, die Forderungen der Gewerkschaften ernsthaft zu diskutieren, ist eine Kampfansage an die Kolleginnen und Kollegen. Die Arbeitgeber nehmen die Situation der Beschäftigten nicht ernst, sie ignorieren aber auch alle anderen Gründe, die für einen realistischen und vernünftigen Tarifabschluss sprechen. Bereits aktuell sind die Länder nicht in der Lage, ihre personellen Vakanzen zeitnah zu beheben. Die zwischenzeitlich durch die Inflation unhaltbar gewordene Bezahlung dürfte hierfür ein wesentlicher Grund sein.

Ohne Angebot auf Konfrontationskurs

DBB-Chef Ulrich Silberbach vermutete in Potsdam, dass die Arbeitgeber zunächst einmal testen wollen, ob die gewerkschaftliche Basis hinter den Forderungen der Gewerkschaften steht. Ohne Druck von der Straße sei die TdL offenbar nicht einigungsfähig.

„Wir werden den Druck jetzt liefern und unsere Warnstreiks und unseren Protest vor der nächsten Verhandlungsrunde im Dezember massiv ausweiten. Die Arbeitgeberseite will offenbar keine Lösung, die unübersehbare Probleme löst. Sie strebt einfach einen finanziell günstigen Tarifabschluss für die Länder an”, kritisierte Silberbach die destruktive Verhandlungsführung der Arbeitgeber.

BSBD NRW ruft speziell Beamte und Versorgungsempfänger auf, sich an Protesten und Demonstrationen zu beteiligen

In einer ersten Stellungnahme drückte BSBD-Chef Horst Butschinek seine Verärgerung über die zersetzende Verhandlungsführung der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) aus: „Es deutet Einiges darauf hin, dass die Länder auch bei der Übertragung eines Abschlusses auf den Beamten- und Versorgungsbereich versuchen werden, etwas von der Zeit- und Wirkungsgleichheit abzuknapsen. Deshalb sind alle Landes- und Kommunalbeamten sowie Versorgungsempfänger gut beraten, sich an den Kundgebungen und Demonstrationen der Gewerkschaften zahlreich zu beteiligen. Nur wenn wir der Arbeitgeberseite verdeutlichen, dass ein Erzwingungsstreik ein großes und teures Risiko wäre, werden wir ihre Einigungsmotivation stärken”, umriss der Gewerkschafter die aktuelle Situation.

Die BSBD-Tarifexpertin Birgit Westhoff stellte klar, dass die kritische Begleitung der zweiten Verhandlungsrunde durch viele Kolleginnen und Kollegen schon Eindruck hinterlassen habe. Es sei daher völlig unverständlich, wenn die Bundesländer bei den Gehältern keine finanzielle Priorität sehen. „Das bedeutet letztlich nichts anderes, als dass die Arbeitgeber den Beschäftigten in unteren Entgeltgruppen ein auskömmliches Gehalt vorenthalten wollen. Dies muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen”, sagte Birgit Westhoff.

Die Haltung der Arbeitgeberseite will mit ihrer Verhandlungsstrategie vermutlich erreichen, dass die Länderbeschäftigten das Schlusslicht bei der Bezahlung im öffentlichen Dienst bleiben. Damit treibt man die Kolleginnen und Kollegen auf die Barrikaden. Mit dieser Strategie wird es nicht möglich sein, den Personalbedarf der Bundesländer zu decken, was das vorhandene Personal zusätzlich belastet. Wir können dazu nur sagen: „Mit uns so nicht! Wir sind kampfbereit!”

Friedhelm Sanker

Foto: Friedhelm Windmüller/DBB